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Montag, 07. März 2016

In Sachen Change

Im Austausch mit Schülern kann man eine Menge lernen. Einfachheit zum Beispiel, und wie man den Wandel mit Engagement vorantreibt.

Das Thema Bildung ist mir durch zahlreiche Moderationsaufträge ans Herz gewachsen. Außerdem habe ich ja selbst Kinder. In der vergangenen Woche ging es bei der von mir konzipierten und moderierten Open Space-Konferenz erneut um Inklusion. 120 Schülerinnen und Schüler, Lehrer und Elternvertreter waren dabei. Die Veränderungsimpulse kamen von den Jugendlichen:


1. Das dreigliedrige Schulsystem abschaffen. „Warum müssen wir überhaupt Kinder aufteilen?“, fragt beim Themensammeln eine taffe Hauptschülerin. Kann nicht jeder und jede etwas anderes gut? Ein anderer Teilnehmer, der stark stottert, ist auf der Förderschule gelandet. Weil Lehrer und Mitschüler nicht warten konnten, bis er einen Satz formuliert hat. Dort ist er unterfordert, denn er ist sehr begabt. Muss ein Kind nur wegen einer Hör- oder Sehstörung auf die Förderschule? „Man muss doch gucken, was im Kopf ist“, sagt meine fitte Hauptschülerin.


2. Kein Kind verlieren. Wer nur Versagen erfährt, weil das gesamte System auf Leistung ausgelegt ist, hat schwere Startbedingungen für ein erfülltes und selbstbestimmtes Leben. Manche Schüler wollen nicht zurück an die Regelschule, weil sie sich dort nicht gewollt fühlen. Oft streiten die Verfechter der Förderschulen gegen die „Hurra-Inklusions-Befürworter“. Können sich nicht stattdessen die einen mit den anderen Schulen vernetzen? Z.B. Sport und Musik gemeinsam unterrichten, findet ein Teilnehmer. Das fördert Begegnung und baut Vorurteile ab.


3. Begegnung schafft Erfahrung schafft Offenheit. „Wie können wir Offenheit lernen“ schlägt eine noch sehr junge Teilnehmerin als Diskussionsthema vor. Auf der Grundschule hat es doch noch gut geklappt mit dem Miteinander, darin sind die meisten sich einig. Warum dann die ideologischen Grabenkriege um die weiterführenden Schulen? Weil wir uns nicht kennenlernen. Das jedenfalls sagen diejenigen, die schon Erfahrung mit Inklusion haben. Natürlich kann man Freundschaften nicht erzwingen, das ist auch den größten Idealisten klar. Aber einen guten Umgang fördern, das geht immer. Zum Beispiel sind alle Kinder aus der Klasse zum Geburtstag des Jungen mit Downsyndrom gegangen, erzählt die Themengeberin. Denn eine Einladung sagt man doch nicht ab, und schon mal gar nicht, wenn man sich so lange kennt.


Was sehr klar wird aus dem offenen Austausch ist dieses: Die Jüngeren haben ein viel offeneres Weltbild. Dort ist Inklusion vielfach schon normal. Die Schülerinnen und Schüler denken oft radikal einfach — eine Qualität, die Lisa Bodden in ihrem TEDx-Talk einfordert, um den Change zu bewältigen. Warum sollte es nicht gehen? Ich finde, die Zeit ist reif für mutige Schritte.

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