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Dienstag, 23. Februar 2016

Nga kete matauranga - Fortschritt auf Maori

Wissen austauschen, von erfolgreichen Beispielen lernen. Traditionelle Lernkonzepte der Maori machen Neuseeland innovativ und erfolgreich.

Neuseeland betreibt eine sehr ehrgeizige Sportförderung. Das Land hat sich zum Ziel gesetzt, in möglichst vielen olympischen Disziplinen in die Weltspitze aufzurücken. Wie kann eine solch kleine Nation das schaffen? Paul Smith, Sportpsychologe und Coach für die Spitzentrainer bei High Performance Sport New Zealand, erklärt die bislang erreichten Erfolge mit der Rückbesinnung auf kulturelle Werte der indigenen Maori. Kooperation und Erfahrungslernen gehören zu diesen Werten.


Austausch scheint zunächst unverständlich, wenn es doch im Spitzensport zuvorderst um Konkurrenz geht. Wer verrät schon seine geheimen Erfolgsrezepte? Doch das interkulturelle neuseeländische Konzept scheint zu helfen, Sportler zu absoluten Spitzenleistungen zu bringen. Wie wird Fortschritt möglich? Das ist nicht nur im Spitzensport, sondern auch für viele Unternehmen und Organisationen eine zentrale Frage. Kreativität und Ideenreichtum sind gefragt.

Richtig gut wird man nur durch kontinuierlichen Austausch, glaubt Sportpsychologe Smith. Er lädt daher beispielsweise für die von ihm betreuten Trainer Persönlichkeiten ein, die Erfolge in ihren Spezialgebieten vorweisen können: Wirtschaftsgrößen, militärisches Spitzenpersonal, andere Coaches. Er lässt sie erzählen und die Zuhörer an ihren Erfahrungen teilhaben. Genauso praktizieren es die indigenen Maori seit Jahrhunderten: "Mit deinem Wissenskorb und meinem Wissenskorb kommen wir zusammen und schaffen etwas, das größer ist als wir es sind", lautet ein Maori-Sprichwort. "Te kete matauranga" heißt dieser "Wissenskorb", also die Sammlung von erworbenem Wissen und Erfahrungen.


Das entscheidende Bisschen mehr entsteht scheinbar erst im Austausch der Akteure, die durchaus auch aus unterschiedlichen Kontexten stammen dürfen - ja sogar sollten! Die Heterogenität der Gruppe ermöglicht unterschiedliche Perspektiven und eröffnet den Blick auf deutlich mehr Möglichkeiten und Chancen, als dies in homogenen Gruppen möglich wäre. Die Erfahrung mache ich in meinen Workshops regelmäßig. Neue Fragen werden meist durch Fachfremde gestellt.


Die Neuseeländer haben es geschafft, den Reichtum ihrer mittlerweile sehr multikulturellen Gesellschaft als Ressource zu erschließen. Davon sind wir in Deutschland oft noch weit entfernt. "Bei uns darf man ja eigentlich nicht abgucken", kicherte die Lehrerin, die an einem Inklusionsworkshop teilnahm, bei dem das Ziel war, neue Wege für die Schule zu entwickeln. Ganz anders: Bitte abgucken! Bitte schauen, wie die anderen es machen! Es gibt immer mehrere Wege  zum Ziel, und manchmal sind die zunächst fremden viel besser.

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